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Back to the RootsBaden-Marathon Karlsruhe 2007Baden-Marathon Karlsruhe, 16. September 2007. Beinahe im Minutentakt tickt die Temperaturanzeige neben der Startlinie um ein Grad nach oben. Als ich mich im Startblock aufgestellt hatte, waren es 17°C, jetzt sind es bereits 21°C! Wenn das so weitergeht ... Dieser Marathon ist für mich mit vielen Erinnerungen verbunden. In Karlsruhe habe ich studiert und einige Jahre gearbeitet. Hier hat vor ziemlich genau 6 Jahren meine Laufkarriere begonnen. Vorher hatte ich keinerlei Sport getrieben, aber schon lange den Traum, einmal einen Marathon zu laufen. 2002 und 2003 bin ich hier dann jeweils den Halbmarathon gelaufen, heute werde ich zum ersten Mal auch den zweiten Teil der Strecke sehen.
I have a dream! Den ersten Kilometer treffe ich genau mit 4:15. Auch den Zweiten lege ich auf die Sekunde genau in der identischen Zeit zurück, aber dann merke ich schon, dass dies wohl ein wenig zu flott ist. Mein knallhartes Pulslimit habe ich bereits äußerst großzügig "interpretiert" und nun gibt es auf der Strecke in Richtung Durlach keine Unterführungen mehr, welche als Entschuldigung für die immer häufigeren Ausreißer nach oben herhalten können. O.k., also doch lieber "nur" ein Bestzeitversuch.
Brummborium Die erste Verpflegungsstelle. Da steht auch schon meine Flasche, das mit der Eigenverpflegung klappt wieder prima. Die Versorgungsstände sind hier sehr schön lang gezogen und übersichtlich aufgebaut. Mein Getränk ist ziemlich kalt, was mir mein Magen grimmig und unmissverständlich zu verstehen gibt. Ich hätte es über Nacht wohl besser nicht in den Kühlschrank stellen sollen. Ein Versuch, es vor dem Schlucken im Mund etwas anzuwärmen, wird durch zunehmende Atemnot schnell beendet.
The Fast and the Curious Um Kilometer 10 gibt es viel Publikum. Mit dem 3-Stunden-Traum habe ich für dieses Mal meinen Frieden gemacht und für eine Bestzeit läuft alles sehr gut. Wie üblich komme ich jetzt erst so richtig ins Rollen. Ich nehme immer mehr Stimmung aus dem Publikum auf. Die Gruppe Cheerleader am Straßenrand macht eine Welle, während ich vorbeilaufe. Ich reiße die Arme ebenfalls mit hoch. Ja, jetzt bin ich in diesem Marathon richtig angekommen! Durch ein längeres Waldstück geht es in Richtung Karlsruhe zurück. Der Schatten der Bäume ist eine Wohltat. Und inzwischen laufe ich immer häufiger wieder einen Kilometer unter 4:15.
Brücken-Schlag Wieder eine Verpflegungsstelle. Mein Getränk ist schon deutlich besser temperiert. Und das Standpersonal ist superfreundlich. Da auch in Karlsruhe inzwischen die Vornamen auf die Startnummer gedruckt werden, bekomme ich den Becher immer wieder mit einem "Super, Joachim!" gereicht. An einigen Verpflegungsstellen laufen die Helfer sogar ein paar Meter mit, um den Becher auf die richtige Geschwindigkeit zu bringen. Und heute Morgen, bei der Ankunft mit der Straßenbahn, war mir der bereits der freundliche Fahrer aufgefallen, welcher an der Haltestelle mit einer Durchsage allen Läufern viel Erfolg gewünscht hatte. Stadtteil Weiherfeld, wieder Erinnerungen: Gleich um die Ecke hatte ich nach der Studentenbude meine erste "richtige" eigene Wohnung. Am Ortsausgang bilden die Zuschauer einen ohrenbetäubenden Hexenkessel. Weiterhin hole ich auf jedem Kilometer die eine oder andere Sekunde auf die 3:00-Marschtabelle auf. Auf geht' s, mach Druck! So langsam neigt sich die erste Hälfte dem Ende entgegen. Hier stehen meist meine Bekannten Beate und Rüdiger. Ich nehme die Sonnenbrille ab, auch so bin ich mit meiner Kappe noch schwer genug zu erkennen. Tatsächlich, das steht Beate und erkennt mich nach ein paar Zurufen. Ich setzte die Sonnenbrille wieder auf - und blicke geradewegs in das Objektiv von Rüdigers Kamera. Na, ob das Foto noch etwas geworden ist?
Weiche vor mir!?! Aber wann kommt den nun endlich diese Marathonweiche? Jetzt sind wir schon in der Günther-Glotz-Anlage! Ein fürchterlicher Gedanke durchzuckt mich! Bin ich falsch abgebogen? Die Strecken trennten sich doch früher bereits im Wohngebiet davor? Panik! Erinnerungen an einen Halbmarathonstart in Karlsruhe werden wach, bei dem mir auf der Zielgerade ein verzweifelter Läufer mit Marathon-Startnummer entgegen kam. Ängstlich schiele ich auf die Startnummer meines Nebenmanns. Der rosa Streifen weist ihn als Halbmarathoni aus. Auch die weiteren Kollegen in meiner Umgebung haben nur noch einen Kilometer zu laufen. Oh nein! Warum habe ich mir diese Stelle nur nicht vorher genauer angesehen! Da - Endlich sehe ich doch einen blauen Streifen auf der Brust eines Mitläufers aufblitzen! Puuuuuhhhh! Und dann kommt auch endlich die Ankündigung der Weiche. Eine ganze Reihe Ordner weist jeden Läufer auf die richtige Abzweigung ein. Jetzt fällt mir auch ein, dass die Marathonstrecke seit meiner letzten Teilnahme vor 4 Jahren inzwischen geändert wurde. Gleich darauf passiere ich die Halbmarathonmarke in 1:30:16. Mensch, es fehlen nur noch 16 Sekunden! Das liegt doch in Reichweite eines harten Schlussspurts auf dem letzten Kilometer. Dranbleiben! Die Strecke führt einen wunderschönen Abschnitt am Flüsschen Alb entlang. Das war zu meinen Karlsruher Zeiten eine meiner Trainingsstrecken, hier bin ich meine ersten "langen Kanten" gelaufen. Alles ist fast noch genau wie damals an den Sonntagen: Die Spaziergänger auf der anderen Seite des Ufers, die Jungs auf den Bolzplätzen ... Zwei Kilometer später zeigt mir ein Stück Schotterweg meine Grenzen auf. Obwohl es wirklich ein ziemlich fester Weg ist, scheint der Schotter förmlich die Kraft aus den Beinen zu saugen. Als es dann auf Asphalt weitergeht, geben mir ein paar giftige Brücken den Rest. Mit mehr als 25km schnellen Kilometern in den Beinen, scheinen die Anstiege beinahe senkrecht in den Himmel zu ragen.
I'm so lonely
Bei Kilometer 32 geht es in Richtung Schlossgarten. Wieder Erinnerungen: Sonnenbaden nach der Vorlesung, Boule-Partien mit Freunden, Spaziergänge um vor Prüfungen die Nerven zu beruhigen. Das hier ist heute ebenfalls eine harte Prüfung: Es ist inzwischen reichlich warm, die Strecke enthält viele enge und winkelige Kurven und zu allem Überfluss befinden sich immer wieder Spaziergänger und sogar Radfahrer auf der Piste.
Gassenhauer Kilometer 37, das Schild hatte ich bereits gestern aus der Straßenbahn gesehen und überlegt, wie es mir heute an dieser Stelle gehen würde. Wie vermutet, ist es nun richtig hart. Der offensive Beginn und die Temperaturen fordern ihren Tribut. Gleich darauf biege ich in die Waldstraße ein. Ein paar Meter weiter hatte ich hier meine Studentenbude. Vor den Kaffees sitzen ein paar Zuschauer und feuern uns an. Kilometer 38, es geht auf den Marktplatz. Die Bestzeit ist wohl im Kasten, aber es soll noch eine richtig tolle Zeit unter 3:05 werden. Ich überhole einen Läufer nach dem anderen. Auf dem Weg in Richtung Zoo laufe ich auf einen Marathoni auf, welcher lautstark von einem Begleiter angebrüllt wird. Der Schützling scheint ziemlich fertig zu sein und muss sich irgendwie ins Ziel retten.
Über sieben Brücken ... Ob meine Bekannten noch einmal an der Strecke stehen? Ich bin zu erschöpft, um am Streckenrand Ausschau zu halten. Ich laufe nur noch durch einen Tunnel, den starren Blick auf einen schmalen Straßenabschnitt vor mir gerichtet.
You'll never walk alone Endlich steht die Europahalle vor mir. Noch um eine Kurve, dann kommt die sehr kurze Zielgerade. Durch den Nebel von Erschöpfung höre ich undeutlich den Beifall der Zuschauermenge. Darüber hallt der Lautsprecher des Ansagers und kündigt gerade meinen Namen an. Geschafft! Jubelnd reiße ich die Arme hoch und hole mir mit einem ungeschickten Hopser auf den letzten Metern beinahe noch einen Krampf. Die Uhr bleibt bei 3:02:51 stehen. Wahnsinn, meine Bestzeit vom Frühjahr um beinahe 5 Minuten verbessert! Aber beim nächsten Mal möchte ich mir einen gigantischen Traum erfüllen und eine 2 als Stundenziffer sehen! Links: |